„Gefühle“ einer Kugel beim Pétanque spielen

„Hat`s der?“ „Der hat`s!“

Mein Lieblingsplatz als Petanquekugel ist immer in der Nähe vom Schweinchen

Auf den letzten Zentimetern nehme ich den Schwung mit, den man mir gegeben hat und liege kurz darauf auf meinem Lieblingsplatz, ganz nahe vor dem Schweinchen. Nicht das wir kuscheln wollten, aber die Nähe zum Ziel aller Anstrengungen verleiht mir etwas Erhabenes, ein Gefühl des Erfolges. Dieses Gefühl hält zumindest so lange an, bis mich etwas am Hinterteil trifft. Natürlich, ich hätte es ahnen müssen, Dieter der „Schießer“ hat wieder zugeschlagen. Er trifft mich hart, ich spritze nach vorne, doch im letzten Moment gelingt es mir noch, das Schweinchen mitzuziehen. Ich treibe es vor mir her. Und wir bleiben fast wieder zusammen liegen, sehr zum Leidwesen von Dieter, aber sehr zur großen Freude meiner Legerin Rosi.

Pardon, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt: Ich bin 73 Millimeter groß, kugelrund und silberfarben. Mein Gewicht: 680 Gramm. Ich bin eine von drei Pétanquekugeln, die Rosi in diesem Turnierspiel zur Verfügung stehen. Ich bin, wie alle Pétanquekugeln, aus rostfreiem Stahl. Typenbezeichnung und Gewicht sind als „Brandzeichen“ auf meinen Rundungen eingraviert. Qualität eben. Wir Kugeln dürfen beim Pétanque von 70,5
bis 80 Millimeter groß sein und zwischen 650 und 800 Gramm wiegen. Gute Kugeln, ich bin eine davon, sind präzise gerundet und in ihrem inneren Gleichgewicht ausgewogen. Dies und auch die mehr oder weniger starke Riffelung auf den Metalloberflächen bestimmen unser Laufverhalten auf den unterschiedlichsten Böden.

„Hat`s der?“ Der Ruf schreckt mich aus meiner inneren Ruhe in Schweinchennähe. Christa hat als unsere Gegnerin ihre Kugel sehr gut legen können. „Ja, der hat`s!“ „Nein niemals, der hat`s nicht. Wir sind noch besser.“ Und wieso `der`? `Der` Kugel? Ach so – die meinen vielleicht `der` Wurf? Menschenkinder! Vier Augenpaare betrachten nun die Spielsituation, aus nächster Nähe und 360 Grad rund um das Schweinchen. Die Augen der Senioren sind, na ja, nicht alle mehr die besten. Also, messen! Maßband her, runter auf den Boden, Knie in den Schotter. „2,5 zu 2,8. Ihr habt es immer noch.“ Sag ich doch. Auch die letzte Kugel von Horst, ein Schuss aus 12 Metern Entfernung, verfehlt mich knapp. Viel zu weit zum Schießen. Bei der Aufnahme sind wir einen Punkt voraus und gewinnen dieses Spiel mit 13:12.
Meine Spielerin Rosi kommt und hebt mich und meine Schwesterkugeln auf. Nein, nicht mit der Hand. Wir werden hochgeliftet, mit einem Magneten und ohne Bücken. Sehr bequem! Und dann liebevoll mit ihrem blass violetten Tuch abgeputzt. So sind wir
bereit zum nächsten Spiel!

Gewidmet allen, die Spaß am Pétanque haben und denen, die Pétanque jetzt sicher auch kennen lernen wollen!

Hans-Jürgen Frohns

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